Stille Wut by Sergio

Stille Wut by Sergio

Autor:Sergio
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: General Fiction
veröffentlicht: 2014-02-14T05:00:00+00:00


14

Als Álvaro eintraf, verfolgte María gerade von seinem Versteck im Vorraum der Küche aus das Gespräch zwischen Rosa und Esteban. Es war elf Uhr abends. Die Blinders hatten zu Abend gegessen und tranken im Wohnzimmer Kaffee, während die Kleinen auf einem Laptop Tetris spielten. Esteban hatte sich in die Küche gesetzt. Immer wenn Rosa aus dem Esszimmer kam - sie eilte hin und her, räumte das schmutzige Geschirr ab und deckte den Tisch für den Mitternachtsumtrunk -, wechselte Esteban ein paar Worte mit ihr.

Um beide Schauplätze aus der Nähe verfolgen zu können, schlich María aus dem Vorraum (wo er das Gespräch von Esteban und Rosa hörte, aber nichts sehen konnte) in den ersten Stock (von wo aus er mithören und beobachten konnte, was sich bei den Blinders abspielte, zumindest zum Teil). Er wusste, dass zwischen Esteban und Rosa eine gewisse Vertrautheit bestand, die auf ein vergangenes Erlebnis zurückging; doch inzwischen war der Junge älter geworden und schien es sich in den Kopf gesetzt zu haben, aus dieser Vertrautheit mehr werden zu lassen. Und Rosa heizte ihn an, indem sie sich über seine Bemerkungen königlich amüsierte.

Trotz seiner Eifersucht konzentrierte sich María auf die Blinders. Álvaro zog seine gesamte Aufmerksamkeit auf sich. Er hasste ihn. Álvaro war erstaunlicherweise nüchtern, María hatte ihn anfangs kaum erkannt - seine Stimme klang völlig anders.

Álvaro genehmigte sich erst mal einen Cognac.

»Hast du überhaupt schon was gegessen?«, fragte seine Mutter.

»Gefressen, ja, jede Menge«, erwiderte Álvaro.

Er sagte, er habe bei einer Gruppe der Anonymen Alkoholiker zu Abend gegessen, und erzählte lachend, dass man ihn um den ganzen Tisch herum verfolgt habe, um ihm den Flachmann abzujagen. Mit Erfolg. Und jetzt holte er offensichtlich alles nach: In weniger als zehn Minuten hatte er zwei Gläser Cognac hinuntergestürzt; die Proteste seiner Mutter und seiner Schwester verebbten zwischen dem ersten und dem zweiten Glas. Sie kannten ihn. Da war nichts zu machen.

Eine halbe Stunde später war Álvaros Stimme wieder ganz die alte, und er gab mit markigen Sprüchen wie ein Hooligan Kommentare über den englischen Fußball ab, was Ricardo gelassen hinnahm, nicht aber sein Vater. Herr Blinder schwieg und starrte auf einen Punkt zwischen seiner Tochter und seiner Frau, die sich ein Fotoalbum ansahen.

Mitternacht. Heiligabend. Alle standen auf und begaben sich zum Esszimmer. Álvaro torkelte zum Tisch, Ricardo machte eine Flasche Champagner auf, und seine Frau weckte die Kleine, die eingeschlafen war. Esteban war erst eine Minute vor zwölf aufgetaucht, hinter Rosa, die ein Tablett mit Gläsern hereintrug. Frau Blinder lud sie ein, mit ihnen anzustoßen, danach könne sie tun, was sie wolle.

»Ich wollte ein wenig mit Claudia feiern«, sagte Rosa.

»Wenn du deine Mutter anrufen willst, um ihr ein frohes Fest zu wünschen...«, bot Herr Blinder an.

»Ja, danke, gnädiger Herr. Mache ich.«

María nutzte die Zeit, in der die anderen anstießen, um in die Küche zu gehen und sein Abendessen zusammenzustellen. Diesmal gönnte er sich etwas: Er nahm ein paar Empanadas, eine ordentliche Portion Braten, Kartoffeln, Schinken, Brot und eine Banane. Er hatte den ganzen Tag noch nichts gegessen. Kurz bevor er



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